domingo, 13 de setembro de 2015

Einleitung in das Studium der spiritistischen Lehre -Teil 1.

I.
Zur Bezeichnung neuer Dinge bedarf man neuer Worte; so
will es die Klarheit der Sprache, um der Verwirrung zu entgehen,
die unzertrennlich mit der Vieldeutigkeit dieser Ausdrücke
verbunden ist. Die Worte spirituell, Spiritualist, Spiritualismus
haben eine genau abgegrenzte Bedeutung; wollte man ihnen
noch eine neue geben, um sie für die ”Lehre der Geistwesen”
zu verwenden , so hieße das, die schon so zahlreichen Gründe
für Zweideutigkeiten noch zu vermehren. Tatsächlich ist
Spiritualismus der Gegensatz zum Materialismus; wer glaubt,
dass in ihm noch etwas anderes steckt, als bloße Materie, ist
Spiritualist; aber daraus folgt noch nicht, dass er an die Existenz
von Geistwesen glaubt, oder ihre Verbindungen mit der sichtbaren
Welt. Anstatt der Worte spirituell, Spiritualismus benutzen
wir zur Bezeichnung dieses letztgenannten Glaubens, die Worte
Spiritist und Spiritismus, deren Form an den Ursprung und den
Stamm erinnern, und die eben aus diesem Grunde den Vorteil
bieten, allgemein verständlich zu sein und andererseits dem
Wort Spiritualismus seine eigentliche Bedeutung lassen. Wir
sagen also, dass die spiritistische Lehre oder der Spiritismus die
Beziehungen der materiellen Welt zu den Geistwesen oder den
Wesen der unsichtbaren Welt zum Grundsatz hat. Die Anhänger
des Spiritismus nennen wir Spiritisten.
Als Besonderheit enthält »Das Buch der Geister« die
spiritistische Lehre; generell schließt sie sich an die spiritualistische
Lehre an, von der sie eine der Erscheinungsformen zeigt.
Aus diesem Grunde trägt es über seinem Titel die Worte
”Spiritualistische Philosophie”.
II.
Es gibt noch ein weiteres Wort, das ebenfalls ein vorhergehendes
Verständnis erfordert, weil es eine der Grundlagen
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jeder moralischen Lehre ist und mangels einer festgelegten
Bedeutung Anlass zu zahlreichen Kontroversen gibt: das ist das
Wort Seele. Die Meinungsverschiedenheiten über die Beschaffenheit
der Seele kommt von der eigenen Verwendung, die
jeder von diesem Wort macht. Eine perfekte Sprache, in der
jede Idee durch einen eigenen Ausdruck veranschaulicht wäre,
würde viele Diskussionen überflüssig machen; mit nur einem
Wort für jegliches Ding, würden sich alle verstehen.
Nach den einen ist die Seele das Prinzip des materiell
organischen Lebens; sie hat keine Eigenexistenz und hört mit
dem Leben auf: das ist der reine Materialismus. In diesem Sinne
und als Vergleich sagen sie von einem zersprungenen Instrument,
das keinen Ton mehr von sich gibt, es habe keine
Seele. Nach dieser Ansicht wäre die Seele eine Wirkung und
keine Ursache.
Andere betrachten die Seele als das Prinzip der Intelligenz,
eine universelle Kraft, von der jedes Wesen einen Anteil
aufzehrt. Nach ihrer Ansicht gibt es für das gesamte Universum
nur eine einzige Seele, die unter den verschiedenen intelligenten
Wesen während ihres Lebens Funken von sich verteilt;
nach dem Tode kehrt jeder Funke zur gemeinsamen Quelle
zurück, wo er sich im Ganzen verliert, wie Bäche und Flüsse
zum Meer zurückkehren, von dem sie ausgegangen sind. Diese
Ansicht weicht von der vorigen insofern ab, als es nach dieser
Hypothese in uns mehr als Materie gibt und nach dem Tode
etwas übrig bleibt; aber es ist in etwa als wenn nichts übrig
bliebe, denn ohne Individualität hätten wir kein Selbstbewusstsein
mehr. Nach dieser Ansicht wäre die Universalseele Gott
und ein jedes Wesen ein Teil der Göttlichkeit; dies ist eine Abart
des Pantheismus.
Nach Ansicht Anderer nun ist die Seele ein geistiges Wesen,
deutlich begrenzt, von der Materie unabhängig, das nach dem
Tode seine Individualität bewahrt. Diese Bedeutung des Wortes
ist unbestritten die allgemeinste, weil unter dem einen oder dem
anderen Namen die Vorstellung von diesem Wesen, das den
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Körper überlebt, sich instinktiv und unabhängig von jedem
Unterricht im Glauben aller Völker findet, gleichgültig, welche
Zivilisationsstufe sie auch haben. Diese Lehre, nach der die
Seele die Ursache und nicht die Wirkung ist, ist die Lehre der
Spiritualisten.
Ohne auf den Wert dieser Ansichten einzugehen und wenn
wir nur die sprachliche Seite der Sache betrachten, müssen wir
sagen, dass diese drei Verwendungen des Wortes Seele drei
unterschiedliche Vorstellungen bezeichnen, von denen jede
einen anderen Begriff bräuchte. Dieses Wort hat also eine
dreifache Bedeutung und jeder hat von seinem Standpunkt aus
Recht mit der Definition, die er gibt; der Fehler liegt in der
Sprache, da sie für drei Begriffe nur ein Wort hat. Um jede
Zweideutigkeit zu vermeiden, müsste man die Anwendung des
Wortes Seele auf eine dieser drei Vorstellungen beschränken;
die Wahl ist gleichgültig, das Wesentliche ist, dass man sich
verständigt; es ist eine Sache der Vereinbarung. Wir halten es
für logischer, das Wort in seiner einfachsten Bedeutung zu
nehmen; deshalb bezeichnen wir mit Seele das immaterielle,
individuelle Wesen, das in uns wohnt und unseren Körper
überlebt. Selbst wenn dieses Wesen nicht vorhanden wäre und
nur ein Produkt der Einbildungskraft, müsste man zu seiner
Bezeichnung einen bestimmten Ausdruck haben.
In Ermangelung eines speziellen Wortes für jeden der beiden
anderen Punkte nennen wir Vitalprinzip, das Prinzip des
materiellen und organischen Lebens - was auch sein Ursprung
sein mag - das allen Lebewesen gemeinsam ist, von den
Pflanzen bis hin zum Menschen. Da in diesem Sinne Leben
auch ohne Denkfähigkeit vorhanden sein kann, ist das Vitalprinzip
deutlich begrenzt und unabhängig. Das Wort Vitalität
würde nicht dieselbe Vorstellung erwecken. Für die einen ist das
Vitalprinzip eine Eigenschaft der Materie, eine Wirkung, die
entsteht, wenn die Materie sich in bestimmten gegebenen
Verhältnissen befindet; nach anderen, und diese Ansicht ist
weiter verbreitet, wohnt es in einem speziellen, universell verbreiteten
Fluidum, von dem jedes Wesen während seines
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Lebens einen Teil in sich aufnimmt und anpasst, wie wir träge
Körper Licht absorbieren sehen; dies wäre dann das Lebensfluid,
das nach gewissen Meinungen nichts anderes als das
belebte elektrische Fluidum sein soll, das auch als magnetisches
Fluidum, Nervenfluidum usw. bezeichnet wird.
Wie dem auch sei, es ist eine unbestreitbare Tatsache, denn
sie ist das Ergebnis von Beobachtung, dass die organischen
Wesen in sich eine innere Kraft besitzen, die, so lange sie vorhanden
ist, das Phänomen des Lebens erzeugt; dass das
materielle Leben allen organischen Wesen gemeinsam und
unabhängig von der Intelligenz und dem Denken ist; dass
Intelligenz und Denken Fähigkeiten sind, die gewissen organischen
Arten eigen sind; schließlich, dass unter den organischen,
mit Intelligenz und Denkfähigkeit versehenen Arten eine
ist, die ein besonderes Sittlichkeitsgefühl besitzt, das ihr eine
unbestreitbare Überlegenheit über die anderen verleiht, das ist
die Spezies »Mensch«.
Es ist begreiflich, dass bei einer vielfältigen Bedeutung die
Seele weder den Materialismus noch den Pantheismus ausschließt.
Der Spiritualist selbst kann sehr wohl die Seele unter
der einen oder der anderen Definitionen verstehen, unbeschadet
des deutlich begrenzten, immateriellen Wesens, dem
er dann irgend einen Namen geben würde. So ist dieses Wort
keineswegs der Repräsentant einer bestimmten Ansicht: vielmehr
ist es ein Wort, das jeder auf seine Weise verwendet;
daher resultieren so viele endloser Streitigkeiten.
Ebenso würde man Verwirrung vermeiden, wenn man bei der
Verwendung des Wortes Seele in den drei genannten Fällen,
wenigstens ein Attribut hinzufügte, das den Blickwinkel anführt,
unter dem man es sieht, oder die Verwendung, die man von ihm
macht. Es wäre dann ein Gattungsbegriff, der zugleich das
Prinzip des materiellen Lebens, der Intelligenz und des Sittlichkeitsgefühls
bezeichnete und das man durch ein Attribut unterschiede,
wie man z.B. die Gase unterscheidet, indem man die
Worte Hydrogen-, Oxygen- oder Stickstoff- hinzufügt. Man
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könnte also sagen, und das wäre vielleicht das Beste, Vitalseele,
für das Prinzip der Intelligenz, Intellektseele für das
Intelligenzprinzip und Geistseele für das Prinzip unserer Individualität
nach dem Tode. Wie man sieht, ist dies alles eine
Frage der Worte, aber eine für die Verständigung sehr bedeutende
Frage. Demnach wäre die Vitalseele allen organischen
Wesen gemeinsam: Pflanzen, Tieren, Menschen; die Intellektseele
wäre für Tiere und Menschen typisch, und die Geistseele
würde nur den Menschen allein vorbehalten sein.
Wir glaubten auf diese Erklärungen ein umso größeres
Gewicht legen zu müssen, als die spiritistische Lehre naturgemäß
auf der Existenz eines Wesens in uns beruht, das von der
Materie unabhängig ist und den Körper überlebt. Da das Wort
Seele im Verlauf dieses Werkes häufig vorkommen wird, war es
wichtig, den Sinn festgelegt zu haben, den wir damit verbinden,
um jeden Irrtum zu vermeiden.
Kommen wir nun zur Hauptsache dieser vorbereitenden
Belehrung.
III.
Die spiritistische Lehre hat wie jede neue Erscheinung ihre
Anhänger und ihre Gegner. Wir werden versuchen, auf einige
Einwände der letzteren zu antworten, indem wir den Wert der
Gründe untersuchen, auf die sie sich stützen, ohne jedoch damit
den Anspruch zu erheben, jedermann zu überzeugen, denn es
gibt Leute, die glauben, das Licht sei für sie allein geschaffen.
Wir wenden uns an Menschen von Treu und Glauben, ohne
vorgefasste oder unbedingt festgehaltene Meinungen, sondern
von dem aufrichtigen Wunsche beseelt, sich Wissen anzueignen:
und wir werden ihnen zeigen, dass die meisten der
Einwände, die der Lehre entgegengestellt werden, von einer
unvollkommenen Beobachtung der Tatsachen und einem leichtfertig
und übereilt gefällten Urteil herrühren.
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Vergegenwärtigen wir uns zuerst in aller Kürze die Reihenfolge
der Erscheinungen, die dieser Lehre entstehen lassen
haben.
Die erste beobachtete Tatsache war die, dass verschiedene
Gegenstände in Bewegung gesetzt wurden; man hat das
allgemein als Tischrücken oder Tanz der Tische bezeichnet.
Dieses Phänomen, das wohl zuerst in Amerika beobachtet
worden ist oder richtiger gesagt, sein Auftreten dort erneuert
hat, denn die Geschichte beweist, dass es bis in die graue
Vorzeit zurückreicht, war begleitet von merkwürdigen Umständen,
wie ungewöhnlichen Geräuschen oder Klopftönen
ohne bekannte, offenkundige Ursache. Von dort verbreitete es
sich rasch nach Europa und in die anderen Teile der Welt; die
Sache hat zuerst großen Unglauben hervorgerufen, aber die
Vielfalt der Erfahrungen hat bald keinen Zweifel mehr an der
Realität zugelassen.
Wäre dieses Phänomen auf die Bewegung materieller Körper
beschränkt geblieben, ließe es sich durch eine rein physische
Ursache erklären. Wir sind weit davon entfernt, alle geheimen,
wirkenden Kräfte der Natur zu kennen oder alle Eigenschaften
der uns bekannten: die Elektrizität vermehrt übrigens täglich die
Hilfsmittel, die sie dem Menschen bietet, ins Unendliche und
scheint die Wissenschaft mit einem neuen Licht beleuchten zu
müssen. Es wäre also keineswegs unmöglich gewesen, dass
die durch gewisse Umstände veränderte Elektrizität oder irgendeine
andere, unbekannte Kraft die Ursache dieser Bewegung
war. Die Tatsache, dass die Vereinigung mehrerer Personen die
Wirkleistung vergrößerte, schien diese Theorie zu stützen,
konnte man doch diese Gesamtheit als eine vielfältige Säule
betrachten, deren Kraft im Verhältnis zur Zahl der Elemente
steht.
Die Kreisbewegung hatte nichts Absonderliches: sie liegt in
der Natur. Alle Gestirne bewegen sich im Kreise; möglich also,
dass wir hier im Kleinen ein Abbild der Allgemeinbewegung des
Universums haben, oder richtiger gesagt, eine bis dahin unbe19
kannte Ursache könnte zufällig und unter gegebenen Umständen
für kleine Dinge Strom produzieren, analog zu dem, der
die Welten im Raum mitreißt.
Aber die Bewegung war nicht immer kreisförmig; oft war sie
ruckartig, unkontrolliert, der Gegenstand wurde heftig erschüttert,
umgeworfen, in irgendeine Richtung getragen, ja sogar
gegen alle Gesetze der Statik vom Boden gehoben und freischwebend
im Raum gehalten. Doch auch in diesen Tatsachen
ist nichts, das sich nicht durch die Einwirkung irgendeiner
unsichtbaren physischen Kraft erklären ließe. Sehen wir nicht,
wie die Elektrizität Gebäude umwirft, Bäume entwurzelt, die
schwersten Körper fortschleudert, sie anzieht oder abstößt?
Die ungewöhnlichen Geräusche, die Klopftöne konnten ja,
vorausgesetzt dass sie nicht etwa eine der gewöhnlichen
Wirkungen der Ausdehnung der Materie oder sonst einer anderen
zufälligen Ursache waren, sehr wohl durch Anhäufung des
verborgenen Fluids hervorgebracht sein: erzeugt Elektrizität
nicht die heftigsten Geräusche?
Bis dahin bewegt sich, wie man sieht, alles auf dem Boden
rein physischer und physiologischer Tatsachen. Ohne dass man
aus diesem Ideenkreis hervorzutreten brauchte, gab es da Stoff
zu ernsten Studien und der Aufmerksamkeit der gelehrten Welt
würdig. Warum ist dies nicht geschehen? Es ist peinlich, es
sagen zu müssen, aber es liegt an Ursachen, die neben
tausend ähnlichen Tatsachen die Leichtfertigkeit des menschlichen
Geistes beweisen. Zunächst ist da die Banalität des bei
den ersten Experimenten benutzten Gegenstandes zur Erklärung
nicht ungewöhnlich. Hat ein Wort bei den ernstesten
Dingen nicht oft einen entscheidenden Einfluss? Ohne zu beachten,
dass doch die Bewegung jedem beliebigen Gegenstand
mitgegeben werden konnte, war der Gedanke an die Tische
ausschlaggebend, sicherlich, weil dies der bequemste Gegenstand
ist und man sich von Natur aus eher um einen Tisch, als
um irgendein anderes Möbelstück setzt. Nun sind aber gerade
die höhergestellten Menschen manchmal so kindisch, dass es
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gar nicht undenkbar wäre, dass gewisse elitäre Geister es für
unter ihrer Würde gehalten haben, sich mit dem zu beschäftigen,
was man allgemein Tischrücken nennt. Es ist sogar
wahrscheinlich, dass, wenn das von Galvani beobachtete
Phänomen zuerst von gewöhnlichen Leuten beobachtet und
weiterhin mit einem grotesken Namen bezeichnet worden wäre,
es neben Wünschelruten eingeordnet worden wäre. Welcher
Gelehrte hätte nicht geglaubt, seinem Stand zuwiderzuhandeln,
wenn er sich mit dem Tanz der Frösche beschäftigen sollte.
Einige haben sich jedoch gefunden, die mit etwas mehr
Bescheidenheit einräumten, möglicherweise hätte die Natur
ihnen gegenüber noch nicht ihr letztes Wort gesprochen und die
zur Beruhigung ihres Gewissens sich die Sache näher ansehen
wollten; aber es hat sich gezeigt, dass das Phänomen nicht
immer ihrer Erwartung entsprochen und sich nicht beständig
nach ihrem Willen und ihrer Experimentierweise eingestellt hat,
also haben sie auf das Nichtvorhandensein geschlossen. Doch
trotz ihrer Entscheidung drehen sich die Tische weiter, und so
können wir mit Galilei sagen: „Und sie bewegen sich doch!”
Doch wir gehen noch weiter: die Vorfälle haben dermaßen
zugenommen, dass sie sich heutzutage eingebürgert haben und
es sich nur darum handelt, eine rationelle Erklärung dafür zu
finden. Kann man etwas gegen die Realität des Phänomens
anführen, nur weil es sich nicht immer in identischer Weise nach
dem Willen und den Ansprüchen des Beobachters zeigt? Sind
denn nicht auch die elektrischen und chemischen Phänomene
gewissen Bedingungen untergeordnet und darf man sie
leugnen, weil sie sich außerhalb jener Bedingungen nicht einstellen?
Ist denn etwas Verwunderliches dabei, wenn das
Phänomen der Bewegung von Gegenständen durch das
menschliche Fluidum auch seine Daseinsbedingungen hat und
nicht mehr eintritt, wenn der Beobachter sich auf seinen eigenen
Standpunkt versteift, sie nach den Anwandlungen seiner Laune
dirigieren und den Gesetzen bekannter Phänomene unterwerfen
will, ohne zu beachten, dass es für neue Tatsachen auch neue
Gesetze geben muss? Um nun diese Gesetze kennenzulernen,
gilt es, die Umstände zu untersuchen, unter denen die Tatsa21
chen eintreten, und dieses Studium kann nur das Ergebnis einer
beständigen, aufmerksamen und oft langwierigen Beobachtung
sein.
Aber, wenden manche ein, es liegt oft augenscheinlicher
Betrug vor. Wir fragen solche Leute zuerst, ob sie denn auch
ganz sicher sind, dass Betrug vorliegt und ob sie nicht Wirkungen
dafür gehalten haben, die sie sich nicht vorstellen konnten,
so etwa wie jener Bauer, der einen gelehrten Professor der
Physik, der Experimente machte, für einen geschickten Taschenspieler
hielt. Selbst wenn wir annehmen, dies hätte
manchmal vorgelegen, wäre dies ein Grund, die Tatsache zu
leugnen? Darf man die Physik leugnen, weil es Taschenspieler
gibt, die sich mit dem Titel ‘Physiker’ schmücken? Übrigens
muss man den Charakter der Personen und ihr etwaiges
Interesse an einer beabsichtigten Täuschung berücksichtigen.
Wäre dies also ein Scherz? Man kann sich wohl einen Augenblick
amüsieren, aber ein ins Unbestimmte verlängerter Scherz
wäre ebenso ermüdend für den Spaßvogel wie für den Genarrten.
Außerdem wäre eine Täuschung, die sich von einem Ende
zum andern über die ganze Erde verbreitet und unter den
ernstesten, ehrenwertesten und aufgeklärtesten Personen stattfindet,
mindestens ebenso erstaunlich wie das Phänomen
selbst.
IV.
Hätten die Phänomene, die uns beschäftigen, sich auf die
Bewegung von Gegenständen beschränkt, so wären sie, wie
gesagt, im Bereich der Physik geblieben; aber so ist es nicht:
sie sollten uns auf die Spur von Dingen einer fremdartigen
Ordnung bringen. Man glaubte zu entdecken, aus welchem
Antrieb heraus wissen wir nicht, dass der den Gegenständen
gegebene Impuls nicht bloß das Produkt einer blinden mechanischen
Kraft war, sondern dass bei dieser Bewegung eine
intelligente Ursache ihre Hand im Spiel hatte. Als dieser Weg
erst einmal geebnet war, eröffnete sich ein ganz neuer Beobachtungsbereich;
es war der von vielen Geheimnissen ge22
lüftete Schleier. Gibt es wirklich eine intelligente Macht? Das ist
die Frage. Wenn es diese Macht gibt, was ist es für eine, was
sind ihre Beschaffenheit, ihr Ursprung? Steht sie über der
Menschheit? Das sind die weiteren Fragen, die sich aus der
ersten ergeben.
Die ersten intelligenten Kundgebungen fanden mit Hilfe von
Tischen statt, die sich hoben und durch Aufstoßen mit einem
Fuß eine vorher vereinbarte, bestimmte Anzahl Schläge gaben
und so auf eine gestellte Frage mit ja oder nein antworteten.
Bis dahin konnte man Skeptiker allerdings nicht überzeugen,
denn dies alles konnte eine Wirkung des Zufalls sein. Später
erhielt man durch die Buchstaben des Alphabets vollständigere
Antworten: indem der bewegliche Gegenstand durch eine
bestimmte Anzahl von Stößen auf einen bestimmten Buchstaben
innerhalb des Alphabets hinwies, gelang es, Worte und
Sätze als Antwort auf gestellte Fragen zu formulieren. Die
Richtigkeit der Antworten, ihre korrekte Beziehung zur Frage
erregten Erstaunen. Das geheimnissvolle Wesen, das in solcher
Weise antwortete, erklärte auf Fragen über seine Natur, dass es
ein Geist oder Genius wäre, gab einen Namen an und lieferte
mehrere Auskünfte über sich. Dieser Umstand verdient ganz
besondere Beachtung. Niemand hat sich also die Geistwesen
ausgedacht, um etwa das Phänomen zu erklären; das Phänomen
selbst enthüllt das Wort. Oft werden in den exakten
Wissenschaften Hypothesen als Grundlage für die Beweisführung
aufgestellt, nun das ist hier keineswegs der Fall.
Dieses Mittel des Schriftverkehrs war lang und unbequem.
Das Geistwesen, und dies ist noch ein bemerkenswerter
Umstand, wies auf ein anderes hin. Es war eines dieser
unsichtbaren Wesen, das den Rat gab, einen Bleistift an ein
Körbchen oder sonst einen Gegenstand anzubringen. Dieses
Körbchen, auf einen Bogen Papier gestellt, wird durch dieselbe
verborgene Macht in Bewegung gesetzt, welche die Tische
dreht; nur anstatt einer einfachen, regelmäßigen Bewegung
zeichnete der Bleistift von selbst Buchstaben, die Worte, Sätze
und ganze Abhandlungen von mehreren Seiten ergaben über
23
die ernstesten Fragen der Philosophie, Ethik, Metaphysik,
Psychologie usw. und dies mit der gleichen Geschwindigkeit, als
wenn man mit der Hand schreiben würde.
Dieser Rat wurde gleichzeitig in Amerika, Frankreich und
verschiedenen anderen Gegenden gegeben. Hier ist der
Wortlaut, mit dem er am 10. Juni 1853 einem der eifrigsten
Anhänger der Lehre in Paris gegeben wurde, der sich schon
mehrere Jahre lang und seit 1849 mit dem Anrufen von Geistwesen
beschäftigt hatte: „Hol aus dem Zimmer nebenan das
kleine Körbchen; befestige daran einen Bleistift; stelle es auf
das Papier; lege die Finger auf den Rand.” Dann, einige
Augenblicke danach, hat sich das Körbchen in Bewegung
gesetzt und der Bleistift ganz leserlich folgenden Satz geschrieben:
„Was ich dir hier sage, verbiete ich dir ausdrücklich,
weiter zu sagen; das nächste Mal, wenn ich schreibe, werde ich
besser schreiben.”
Da der Gegenstand, an den man den Bleistift befestigt, nur
ein Instrument ist, sind seine natürliche Beschaffenheit und
Form völlig gleichgültig; man hat seine handlichste Lage
gesucht; so bedienen sich viele Leute eines kleinen Brettchens.
Korb wie Brettchen können nur unter dem Einfluss bestimmter
Personen in Bewegung gesetzt werden, die in dieser
Beziehung mit einer speziellen Kraft ausgestattet sind und die
man als Medien bezeichnet, d.h. Mittel, Vermittler zwischen den
Geistwesen und den Menschen. Die Bedingungen, unter denen
sich diese Kraft entwickelt, haben gleichzeitig physische und
ethischen Ursachen, die noch unvollständig bekannt sind, denn
man findet Medien jeden Alters, jeden Geschlechtes und auf
allen Stufen geistiger Entwicklung. Diese Fähigkeit kann außerdem
durch Übung weiter entwickelt werden.

XVI.
Es bleiben nur noch zwei Einwände zu prüfen: die einzigen,
die diesen Namen verdienen, weil sie auf vernünftigen Theorien
fußen. Beide lassen die Realität all der materiellen als auch
geistigen Phänomene gelten, aber sie schließen die Einwirkung
von Geistwesen aus.
Nach der ersten dieser Theorien wären alle den Geistwesen
zugeschriebenen Kundgebungen nichts anderes als magnetische
Wirkungen. Die Medien befänden sich in einen Zustand,
den man als wachen Somnambulismus bezeichnen könnte, ein
Phänomen, das jeder, der den Magnetismus erforscht hat,
bezeugen könne. In diesem Zustand erlangten die intellektuellen
Fähigkeiten eine anomale Entfaltung; der Kreis intuitiver
Wahrnehmungen gehe über die Grenzen unserer gewöhnlichen
Auffassung hinaus. Demnach würde das Medium aus sich
selbst und aus seiner Hellsichtigkeit alles schöpfen, was es
sagt, und alle Grundkenntnisse, die es übermittelt, selbst in
Bezug auf Dinge, die ihm im Normalzustand fremd sind.
Nicht wir bestreiten die Macht des Somnambulismus, dessen
Wunder wir gesehen und in mehr als 35 Jahren alle Phasen
studiert haben; wir räumen ein, dass viele spiritistische Manifestationen
sich in der Tat dadurch erklären lassen; aber eine
beständige und aufmerksame Beobachtung weist eine ganze
Menge von Tatsachen auf, wo die Einmischung des Mediums
in einer anderen Weise als der eines passiven Werkzeugs
materiell unmöglich ist. Denen, die diese Ansicht teilen, sagen
wir genau wie allen anderen: „Schaut und beobachtet, denn ihr
habt mit Sicherheit nicht alles gesehen!”Anschließend halten wir
ihnen zwei aus ihrer eigenen Lehre gezogene Überlegungen
entgegen. Woher ist die spiritistische Theorie gekommen? Ist es
ein System, das sich einige Menschen ausgedacht haben, um
bestehende Tatsachen zu erklären? Keineswegs! Wer also hat
es enthüllt? Ganz genau jene Medien, deren Hellsichtigkeit ihr
so rühmt. Wenn also diese Hellsichtigkeit so ist, wie ihr annehmt,
warum hätten die Medien den Geistwesen dann zu53
geschrieben, was sie angeblich aus sich selbst geschöpft
haben? Wie hätten sie diese so präzisen, so logischen und so
erhabenen Lehren über das Wesen jener außerhalb der
Menschheit stehenden Intelligenzen geben können? Es geht nur
eines, entweder sie sind hellsichtig oder sie sind es nicht: wenn
sie es sind und man ihrem Wahrheitsgehalt traut, kann man
unmöglich annehmen, dass sie nicht die Wahrheit sagen.
Zweitens, wenn alle Phänomene ihren Ursprung im Medium
hätten, dann wären sie bei demselben Individuum identisch und
man würde nicht beobachten, wie dieselbe Person eine diametral
entgegengesetzte Ausdrucksweise benutzt oder nacheinander
die widersprüchlichsten Dinge zum Ausdruck bringt.
Dieser Mangel an Einheitlichkeit in den vom Medium erhaltenen
Durchsagen beweist die Verschiedenartigkeit der Quellen; wenn
man diese also nicht alle im Medium finden kann, muss man sie
wohl oder übel außerhalb suchen.
Nach anderer Ansicht ist das Medium sehr wohl die Quelle
der Manifestationen, aber anstatt diese aus sich selbst zu
schöpfen, wie die Urheber der somnambulistischen Theorie
behaupten, holt es sie aus seiner unmittelbaren Umgebung. Das
Medium wäre also eine Art Spiegel, der alle Ideen, Gedanken
und Kenntnisse der Personen aus seiner Umgebung reflektierte;
es würde nichts sagen, was nicht wenigstens einigen bekannt
wäre. Man kann nicht den Einfluss der Anwesenden bestreiten -
und das ist sogar ein Prinzip der Lehre - den sie auf die Art der
Kundgebungen ausüben; aber dieser Einfluss ist ein ganz
anderer als der, von dem man ausgeht, und von da bis zu der
Annahme, das Medium sei nur das Echo ihrer Gedanken, ist ein
großer Sprung, denn Tausende von Tatsachen beweisen entschieden
das Gegenteil. Hier liegt also ein schwerer Irrtum vor,
der einmal mehr die Gefahr voreiliger Schlussfolgerungen
beweist. Da diese Leute die Existenz eines Phänomens, über
das die gewöhnliche Wissenschaft nicht berichten kann, nicht
leugnen können und das Vorhandensein von Geistwesen nicht
zugeben wollen, erklären sie es sich auf ihre Weise. Ihre
Theorie wäre scheinbar richtig, wenn sie alle Tatsachen
umfassen könnte, aber das ist eben nicht der Fall. Wenn man
54
ihnen eindeutig vor Augen führt, dass bestimmte Mitteilungen
des Mediums den Gedanken, Kenntnissen und Ansichten
sämtlicher Anwesenden fremd sind, dass diese Mitteilungen oft
spontan sind und allen vorgefassten Idee widersprechen, lassen
sie sich von solchen Bagatellen nicht aufhalten. Die Ausstrahlung,
heißt es dann, geht weit über den uns unmittelbar
umgebenden Kreis hinaus; das Medium ist das Spiegelbild der
ganzen Menschheit derart, dass, wenn es seine Inspiration nicht
aus unmittelbarer Nähe holt, dann eben auswärts: in der Stadt,
in der Gegend, auf dem ganzen Erdball und sogar in anderen
Sphären.
Ich glaube nicht, dass man in dieser Theorie eine einfachere
und wahrscheinlichere Erklärung findet, als die des Spiritismus,
denn sie setzt eine weit unglaublichere Ursache voraus. Der
Gedanke, dass die Wesen, die den Weltraum bevölkern und in
ständigem Kontakt mit uns sind, uns ihre Gedanken mitteilen,
schockiert den Verastand nicht mehr, als die Annahme dieser
universellen Ausstrahlung, die sich von allen Punkten des
Universums im Gehirn eines Individuums sammeln soll.
Noch einmal, und das ist ein entscheidender Punkt, auf dem
wir gar nicht genügend bestehen können: die somnambulistische
Theorie, sowie die andere, die man als die reflektive
bezeichnen könnte, sind die Gedankenschöpfung einiger
Menschen; es sind individuelle Meinungen, geschaffen um eine
Tatsache zu erklären, während die Lehre der Geistwesen
überhaupt keine menschliche Anschauung ist; sie ist genau von
den Intelligenzen diktiert worden, die sich manifestierten als
niemand daran dachte und die allgemeine Meinung sie ablehnte;
nun fragen wir, woher die Medien eine Lehre genommen
haben, die in den Gedanken von niemandem auf Erden
existierte; außerdem fragen wir, durch welche seltsame Fügung
Tausende von Medien, die an allen Punkten des Erdballs
verstreut sind und sich nie gesehen haben, sich derart einigen
können, um dasselbe auszusagen? Wenn das erste Medium,
das in Frankreich auftauchte, unter dem Einfluss von Ansichten
stand, die bereits in Amerika beglaubigt waren, durch welche
55
Merkwürdigkeit hat es diese Ideen 2000 Meilen jenseits des
Meeres bei einem an Sitten und Sprache fremden Volke geholt,
anstatt sie aus seiner Umgebung zu nehmen?
Aber es gibt noch ein anderer Umstand, an den man nicht
genügend gedacht hat. Die ersten Kundgebungen in Frankreich
wie in Amerika haben weder durch Schrift noch durch Wort,
sondern durch Klopflaute stattgefunden, die mit den Buchstaben
des Alphabets übereinstimmten und dadurch Worte und Sätze
bildeten. Auf diesem Wege haben die sich offenbarenden Intelligenzen
erklärt, dass sie Geistwesen seien. Wenn man bei den
mündlichen oder schriftlichen Mitteilungen also eine Einmischung
der Gedanken der Medien annehmen konnte, so wird
diese Möglichkeit hinfällig bei Klopflauten, deren Bedeutung im
voraus nicht bekannt sein konnte.
Wir könnten eine Menge von Tatsachen anführen, die in der
sich kundgebenden Intelligenz eine offensichtliche Individualität
und eine absolute Willensunabhängigkeit beweisen. Wir verweisen
Andersdenkende also auf eine aufmerksamere Beobachtung,
und wenn sie bereit sind, ohne vorgefasste Meinung
zu forschen und keine Schlüsse zu ziehen, bevor sie alles
gesehen haben, werden sie die Unzulänglichkeit ihrer Theorie
erkennen, um die Vernunft siegen zu lassen. Wir wollen uns
darauf beschränken, folgende Fragen zu stellen: Warum verweigert
die sich mitteilende Intelligenz, wie geartet sie auch sein
mag, die Antwort auf gewisse Fragen über vollkommen bekannte
Dinge, wie z.B. Namen oder Alter des Fragenden, was er in
der Hand hat, was er am Tag davor getan hat, seine Pläne für
den nächsten Tag usw.? Wenn das Medium die Gedanken der
Anwesenden widerspiegeln würde, dann wäre nichts leichter als
die Antwort.
Die Gegner drehen das Argument um und fragen ihrerseits,
warum Geistwesen, die alles wissen sollten, so einfache Dinge
nicht sagen könnten, nach dem Grundsatz: „Wer Größeres
vermag, vermag auch Geringeres”; daraus schließen sie, dass
dies keine Geistwesen sind. Wenn ein Unwissender oder ein
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Witzbold sich vor eine gelehrte Gesellschaft stellte und z.B.
fragte, warum es mittags hell ist, glaubt man wirklich, sie würden
sich die Mühe machen, ernsthaft zu antworten? Und wäre es
logisch, aus ihrem Schweigen oder ihrem Spott zu schließen,
dass die Mitglieder nur Esel wären? Nun genau wegen der
Überlegenheit der Geistwesen antworten sie nicht auf müßige
und lächerliche Fragen und mögen nicht ausgefragt werden;
deshalb schweigen sie oder sagen, man solle sich mit ernsteren
Dingen beschäftigen.
Schließlich fragen wir noch, warum die Geistwesen oft in
einem bestimmten Moment kommen und gehen und warum,
wenn dieser Augenblick gekommen ist, weder Bitten noch
Flehen sie zurückzubringen können? Wenn das Medium nur
unter dem mentalen Impuls der Anwesenden handeln würde, ist
es ganz klar, dass in dieser Situation das Zusammenwirken aller
vereinten Willensanstrengungen sein Hellsehen anregen
müsste. Wenn es dem Wunsch der Versammlung, der durch
seinen eigenen Willen noch verstärkt wird, also nicht gehorcht,
so gehorcht es eben einem Einfluss, der sowohl ihm selbst als
auch den Versammelten fremd ist, und dieser Einfluss macht
genau dadurch seine Unabhängigkeit und Individualität deutlich.
XVII.
Der Skeptizismus bezüglich der spiritistischen Lehre hat,
wenn er nicht das Resultat einer systematisch eigennützigen
Gegnerschaft ist, nahezu immer seine Quelle in einer unvollständigen
Kenntnis der Tatsachen, was bestimmte Leute nicht
daran hindert, die Frage zu entscheiden, als ob sie ihnen
vollständig bekannt wäre. Man kann viel Geist und sogar
Wissen haben und doch keine Urteilsfähigkeit besitzen; nun ist
aber das erste Zeichen eines fehlerhaften Urteilsvermögens,
sein eigenes für unfehlbar zu halten. So sehen denn auch viele
Leute in spiritistischen Manifestationen nur einen Gegenstand
der Neugier; wir hoffen, dass sie nach der Lektüre dieses
Buches in diesen fremden Phänomenen etwas anderes finden
werden, als einen einfachen Zeitvertreib.
57
Die spiritistische Wissenschaft umfasst zwei Teile: einen
experimentellen Teil über Kundgebungen im allgemeinen und
einen philosophischen über die intelligenten Kundgebungen.
Wer nur den ersten Teil beobachtet hat, dem geht es wie jenem,
der die Physik nur aus unterhaltenden Experimenten kennt,
ohne auf den Grund der Wissenschaft vorgedrungen zu sein.
Die eigentliche spiritistische Lehre liegt in der von den Geistwesen
gegebenen Belehrung, und das darin enthaltene Wissen ist
zu ernst, als dass man es anders als durch ein ernsthaftes und
beständiges Studium, in Stille und Andacht erwerben könnte;
denn nur unter dieser Voraussetzung kann man eine unendliche
Menge von Tatsachen und Nuancen beobachten, die dem
oberflächlichen Beobachter entgehen und uns erlauben, eine
Anschauung zu begründen. Wenn dieses Buch nur zu dem
Ergebnis führen würde, die ernste Seite der Sache zu zeigen
und in diesem Sinne Studien zu veranlassen, dann wäre das
schon viel, und wir würden uns beglückwünschen können, zur
Vollendung eines Werkes gewählt worden zu sein, aus dem wir
uns übrigens keinerlei persönlichen Verdienst machen wollen,
da die darin enthaltenen Grundsätze nicht unsere Erfindung
sind; der Verdienst kommt vollständig den Geistwesen zu, die
es diktiert haben. Wir hoffen, dass es noch zu einem anderen
Ergebnis führt, dem, die Menschen zu leiten, die sich sehnlichst
Aufklärung wünschen, indem es ihnen in diesen Studien ein
großes und erhabenes Ziel zeigt: den individuellen und sozialen
Fortschritt, und ihnen den Weg zeigt, um dieses Ziel zu erreichen.
Schließen wir mit einer letzten Betrachtung! Die Astronomen
haben, als sie den Weltenraum erforschten, bei der Verteilung
der Himmelskörper nicht gerechtfertigte, den Gesetzen des
Universums widersprechende Lücken entdeckt; sie haben vermutet,
dass diese Lücken von Himmelskörpern ausgefüllt sein
müssten, die ihren Blicken entgangen waren; andererseits
haben sie gewisse Wirkungen beobachtet, deren Ursache ihnen
unbekannt war, und haben sich gesagt: Da muss noch eine
Welt sein, denn diese Lücke kann nicht sein, und diese Wirkungen
müssen eine Ursache haben. Indem sie also von der
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Wirkung auf die Ursache schlossen, haben sie daraus die Elemente
berechnen können, und später haben die Fakten ihre
Vorhersagen gerechtfertigt. Wenden wir diese Beweisführung
in einem anderen Zusammenhang an. Beobachtet man die
Reihe der Wesen, dann findet man, dass sie eine lückenlose
Kette von der groben Materie bis zum intelligentesten Menschen
bilden. Doch welche unermessliche Lücke zwischen den
Menschen und Gott, dem Alpha und Omega aller Dinge! Ist es
logisch anzunehmen, dass die Ringe dieser Kette beim Menschen
aufhören? Dass er ohne Übergang die Entfernung
überwindet, die ihn von der Unendlichkeit trennt? Die Vernunft
sagt uns, dass es zwischen dem Menschen und Gott andere
Stufen geben muss, wie sie den Astronomen gesagt hat, dass
es zwischen den bekannten Welten noch unbekannte Welten
geben muss. Welche Philosophie hat diese Lücke ausgefüllt?
Der Spiritismus zeigt uns, dass sie mit Wesen aller Rangklassen
der unsichtbaren Welt ausgefüllt ist, und diese Wesen
sind nichts anderes als die Geister der Menschen, die auf den
verschiedenen Stufen zur Vollkommenheit angekommen sind:
also ist alles miteinander verbunden und alles greift ineinander
vom Alpha bis zum Omega. Ihr, die ihr die Existenz der Geistwesen
leugnet, füllt doch die Lücke aus, die sie besetzen! Und
ihr, die ihr darüber lacht, erdreistet euch nur, über Gottes Werke
und seine Allmacht zu lachen!
Allan Kardec

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