domingo, 13 de setembro de 2015

Einleitung in das Studium des Spiritistischen Lehre - Allan Kardec - Teil 3 .

XVI.
Es bleiben nur noch zwei Einwände zu prüfen: die einzigen,
die diesen Namen verdienen, weil sie auf vernünftigen Theorien
fußen. Beide lassen die Realität all der materiellen als auch
geistigen Phänomene gelten, aber sie schließen die Einwirkung
von Geistwesen aus.
Nach der ersten dieser Theorien wären alle den Geistwesen
zugeschriebenen Kundgebungen nichts anderes als magnetische
Wirkungen. Die Medien befänden sich in einen Zustand,
den man als wachen Somnambulismus bezeichnen könnte, ein
Phänomen, das jeder, der den Magnetismus erforscht hat,
bezeugen könne. In diesem Zustand erlangten die intellektuellen
Fähigkeiten eine anomale Entfaltung; der Kreis intuitiver
Wahrnehmungen gehe über die Grenzen unserer gewöhnlichen
Auffassung hinaus. Demnach würde das Medium aus sich
selbst und aus seiner Hellsichtigkeit alles schöpfen, was es
sagt, und alle Grundkenntnisse, die es übermittelt, selbst in
Bezug auf Dinge, die ihm im Normalzustand fremd sind.
Nicht wir bestreiten die Macht des Somnambulismus, dessen
Wunder wir gesehen und in mehr als 35 Jahren alle Phasen
studiert haben; wir räumen ein, dass viele spiritistische Manifestationen
sich in der Tat dadurch erklären lassen; aber eine
beständige und aufmerksame Beobachtung weist eine ganze
Menge von Tatsachen auf, wo die Einmischung des Mediums
in einer anderen Weise als der eines passiven Werkzeugs
materiell unmöglich ist. Denen, die diese Ansicht teilen, sagen
wir genau wie allen anderen: „Schaut und beobachtet, denn ihr
habt mit Sicherheit nicht alles gesehen!”Anschließend halten wir
ihnen zwei aus ihrer eigenen Lehre gezogene Überlegungen
entgegen. Woher ist die spiritistische Theorie gekommen? Ist es
ein System, das sich einige Menschen ausgedacht haben, um
bestehende Tatsachen zu erklären? Keineswegs! Wer also hat
es enthüllt? Ganz genau jene Medien, deren Hellsichtigkeit ihr
so rühmt. Wenn also diese Hellsichtigkeit so ist, wie ihr annehmt,
warum hätten die Medien den Geistwesen dann zu53
geschrieben, was sie angeblich aus sich selbst geschöpft
haben? Wie hätten sie diese so präzisen, so logischen und so
erhabenen Lehren über das Wesen jener außerhalb der
Menschheit stehenden Intelligenzen geben können? Es geht nur
eines, entweder sie sind hellsichtig oder sie sind es nicht: wenn
sie es sind und man ihrem Wahrheitsgehalt traut, kann man
unmöglich annehmen, dass sie nicht die Wahrheit sagen.
Zweitens, wenn alle Phänomene ihren Ursprung im Medium
hätten, dann wären sie bei demselben Individuum identisch und
man würde nicht beobachten, wie dieselbe Person eine diametral
entgegengesetzte Ausdrucksweise benutzt oder nacheinander
die widersprüchlichsten Dinge zum Ausdruck bringt.
Dieser Mangel an Einheitlichkeit in den vom Medium erhaltenen
Durchsagen beweist die Verschiedenartigkeit der Quellen; wenn
man diese also nicht alle im Medium finden kann, muss man sie
wohl oder übel außerhalb suchen.
Nach anderer Ansicht ist das Medium sehr wohl die Quelle
der Manifestationen, aber anstatt diese aus sich selbst zu
schöpfen, wie die Urheber der somnambulistischen Theorie
behaupten, holt es sie aus seiner unmittelbaren Umgebung. Das
Medium wäre also eine Art Spiegel, der alle Ideen, Gedanken
und Kenntnisse der Personen aus seiner Umgebung reflektierte;
es würde nichts sagen, was nicht wenigstens einigen bekannt
wäre. Man kann nicht den Einfluss der Anwesenden bestreiten -
und das ist sogar ein Prinzip der Lehre - den sie auf die Art der
Kundgebungen ausüben; aber dieser Einfluss ist ein ganz
anderer als der, von dem man ausgeht, und von da bis zu der
Annahme, das Medium sei nur das Echo ihrer Gedanken, ist ein
großer Sprung, denn Tausende von Tatsachen beweisen entschieden
das Gegenteil. Hier liegt also ein schwerer Irrtum vor,
der einmal mehr die Gefahr voreiliger Schlussfolgerungen
beweist. Da diese Leute die Existenz eines Phänomens, über
das die gewöhnliche Wissenschaft nicht berichten kann, nicht
leugnen können und das Vorhandensein von Geistwesen nicht
zugeben wollen, erklären sie es sich auf ihre Weise. Ihre
Theorie wäre scheinbar richtig, wenn sie alle Tatsachen
umfassen könnte, aber das ist eben nicht der Fall. Wenn man
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ihnen eindeutig vor Augen führt, dass bestimmte Mitteilungen
des Mediums den Gedanken, Kenntnissen und Ansichten
sämtlicher Anwesenden fremd sind, dass diese Mitteilungen oft
spontan sind und allen vorgefassten Idee widersprechen, lassen
sie sich von solchen Bagatellen nicht aufhalten. Die Ausstrahlung,
heißt es dann, geht weit über den uns unmittelbar
umgebenden Kreis hinaus; das Medium ist das Spiegelbild der
ganzen Menschheit derart, dass, wenn es seine Inspiration nicht
aus unmittelbarer Nähe holt, dann eben auswärts: in der Stadt,
in der Gegend, auf dem ganzen Erdball und sogar in anderen
Sphären.
Ich glaube nicht, dass man in dieser Theorie eine einfachere
und wahrscheinlichere Erklärung findet, als die des Spiritismus,
denn sie setzt eine weit unglaublichere Ursache voraus. Der
Gedanke, dass die Wesen, die den Weltraum bevölkern und in
ständigem Kontakt mit uns sind, uns ihre Gedanken mitteilen,
schockiert den Verastand nicht mehr, als die Annahme dieser
universellen Ausstrahlung, die sich von allen Punkten des
Universums im Gehirn eines Individuums sammeln soll.
Noch einmal, und das ist ein entscheidender Punkt, auf dem
wir gar nicht genügend bestehen können: die somnambulistische
Theorie, sowie die andere, die man als die reflektive
bezeichnen könnte, sind die Gedankenschöpfung einiger
Menschen; es sind individuelle Meinungen, geschaffen um eine
Tatsache zu erklären, während die Lehre der Geistwesen
überhaupt keine menschliche Anschauung ist; sie ist genau von
den Intelligenzen diktiert worden, die sich manifestierten als
niemand daran dachte und die allgemeine Meinung sie ablehnte;
nun fragen wir, woher die Medien eine Lehre genommen
haben, die in den Gedanken von niemandem auf Erden
existierte; außerdem fragen wir, durch welche seltsame Fügung
Tausende von Medien, die an allen Punkten des Erdballs
verstreut sind und sich nie gesehen haben, sich derart einigen
können, um dasselbe auszusagen? Wenn das erste Medium,
das in Frankreich auftauchte, unter dem Einfluss von Ansichten
stand, die bereits in Amerika beglaubigt waren, durch welche
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Merkwürdigkeit hat es diese Ideen 2000 Meilen jenseits des
Meeres bei einem an Sitten und Sprache fremden Volke geholt,
anstatt sie aus seiner Umgebung zu nehmen?
Aber es gibt noch ein anderer Umstand, an den man nicht
genügend gedacht hat. Die ersten Kundgebungen in Frankreich
wie in Amerika haben weder durch Schrift noch durch Wort,
sondern durch Klopflaute stattgefunden, die mit den Buchstaben
des Alphabets übereinstimmten und dadurch Worte und Sätze
bildeten. Auf diesem Wege haben die sich offenbarenden Intelligenzen
erklärt, dass sie Geistwesen seien. Wenn man bei den
mündlichen oder schriftlichen Mitteilungen also eine Einmischung
der Gedanken der Medien annehmen konnte, so wird
diese Möglichkeit hinfällig bei Klopflauten, deren Bedeutung im
voraus nicht bekannt sein konnte.
Wir könnten eine Menge von Tatsachen anführen, die in der
sich kundgebenden Intelligenz eine offensichtliche Individualität
und eine absolute Willensunabhängigkeit beweisen. Wir verweisen
Andersdenkende also auf eine aufmerksamere Beobachtung,
und wenn sie bereit sind, ohne vorgefasste Meinung
zu forschen und keine Schlüsse zu ziehen, bevor sie alles
gesehen haben, werden sie die Unzulänglichkeit ihrer Theorie
erkennen, um die Vernunft siegen zu lassen. Wir wollen uns
darauf beschränken, folgende Fragen zu stellen: Warum verweigert
die sich mitteilende Intelligenz, wie geartet sie auch sein
mag, die Antwort auf gewisse Fragen über vollkommen bekannte
Dinge, wie z.B. Namen oder Alter des Fragenden, was er in
der Hand hat, was er am Tag davor getan hat, seine Pläne für
den nächsten Tag usw.? Wenn das Medium die Gedanken der
Anwesenden widerspiegeln würde, dann wäre nichts leichter als
die Antwort.
Die Gegner drehen das Argument um und fragen ihrerseits,
warum Geistwesen, die alles wissen sollten, so einfache Dinge
nicht sagen könnten, nach dem Grundsatz: „Wer Größeres
vermag, vermag auch Geringeres”; daraus schließen sie, dass
dies keine Geistwesen sind. Wenn ein Unwissender oder ein
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Witzbold sich vor eine gelehrte Gesellschaft stellte und z.B.
fragte, warum es mittags hell ist, glaubt man wirklich, sie würden
sich die Mühe machen, ernsthaft zu antworten? Und wäre es
logisch, aus ihrem Schweigen oder ihrem Spott zu schließen,
dass die Mitglieder nur Esel wären? Nun genau wegen der
Überlegenheit der Geistwesen antworten sie nicht auf müßige
und lächerliche Fragen und mögen nicht ausgefragt werden;
deshalb schweigen sie oder sagen, man solle sich mit ernsteren
Dingen beschäftigen.
Schließlich fragen wir noch, warum die Geistwesen oft in
einem bestimmten Moment kommen und gehen und warum,
wenn dieser Augenblick gekommen ist, weder Bitten noch
Flehen sie zurückzubringen können? Wenn das Medium nur
unter dem mentalen Impuls der Anwesenden handeln würde, ist
es ganz klar, dass in dieser Situation das Zusammenwirken aller
vereinten Willensanstrengungen sein Hellsehen anregen
müsste. Wenn es dem Wunsch der Versammlung, der durch
seinen eigenen Willen noch verstärkt wird, also nicht gehorcht,
so gehorcht es eben einem Einfluss, der sowohl ihm selbst als
auch den Versammelten fremd ist, und dieser Einfluss macht
genau dadurch seine Unabhängigkeit und Individualität deutlich.
XVII.
Der Skeptizismus bezüglich der spiritistischen Lehre hat,
wenn er nicht das Resultat einer systematisch eigennützigen
Gegnerschaft ist, nahezu immer seine Quelle in einer unvollständigen
Kenntnis der Tatsachen, was bestimmte Leute nicht
daran hindert, die Frage zu entscheiden, als ob sie ihnen
vollständig bekannt wäre. Man kann viel Geist und sogar
Wissen haben und doch keine Urteilsfähigkeit besitzen; nun ist
aber das erste Zeichen eines fehlerhaften Urteilsvermögens,
sein eigenes für unfehlbar zu halten. So sehen denn auch viele
Leute in spiritistischen Manifestationen nur einen Gegenstand
der Neugier; wir hoffen, dass sie nach der Lektüre dieses
Buches in diesen fremden Phänomenen etwas anderes finden
werden, als einen einfachen Zeitvertreib.
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Die spiritistische Wissenschaft umfasst zwei Teile: einen
experimentellen Teil über Kundgebungen im allgemeinen und
einen philosophischen über die intelligenten Kundgebungen.
Wer nur den ersten Teil beobachtet hat, dem geht es wie jenem,
der die Physik nur aus unterhaltenden Experimenten kennt,
ohne auf den Grund der Wissenschaft vorgedrungen zu sein.
Die eigentliche spiritistische Lehre liegt in der von den Geistwesen
gegebenen Belehrung, und das darin enthaltene Wissen ist
zu ernst, als dass man es anders als durch ein ernsthaftes und
beständiges Studium, in Stille und Andacht erwerben könnte;
denn nur unter dieser Voraussetzung kann man eine unendliche
Menge von Tatsachen und Nuancen beobachten, die dem
oberflächlichen Beobachter entgehen und uns erlauben, eine
Anschauung zu begründen. Wenn dieses Buch nur zu dem
Ergebnis führen würde, die ernste Seite der Sache zu zeigen
und in diesem Sinne Studien zu veranlassen, dann wäre das
schon viel, und wir würden uns beglückwünschen können, zur
Vollendung eines Werkes gewählt worden zu sein, aus dem wir
uns übrigens keinerlei persönlichen Verdienst machen wollen,
da die darin enthaltenen Grundsätze nicht unsere Erfindung
sind; der Verdienst kommt vollständig den Geistwesen zu, die
es diktiert haben. Wir hoffen, dass es noch zu einem anderen
Ergebnis führt, dem, die Menschen zu leiten, die sich sehnlichst
Aufklärung wünschen, indem es ihnen in diesen Studien ein
großes und erhabenes Ziel zeigt: den individuellen und sozialen
Fortschritt, und ihnen den Weg zeigt, um dieses Ziel zu erreichen.
Schließen wir mit einer letzten Betrachtung! Die Astronomen
haben, als sie den Weltenraum erforschten, bei der Verteilung
der Himmelskörper nicht gerechtfertigte, den Gesetzen des
Universums widersprechende Lücken entdeckt; sie haben vermutet,
dass diese Lücken von Himmelskörpern ausgefüllt sein
müssten, die ihren Blicken entgangen waren; andererseits
haben sie gewisse Wirkungen beobachtet, deren Ursache ihnen
unbekannt war, und haben sich gesagt: Da muss noch eine
Welt sein, denn diese Lücke kann nicht sein, und diese Wirkungen
müssen eine Ursache haben. Indem sie also von der
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Wirkung auf die Ursache schlossen, haben sie daraus die Elemente
berechnen können, und später haben die Fakten ihre
Vorhersagen gerechtfertigt. Wenden wir diese Beweisführung
in einem anderen Zusammenhang an. Beobachtet man die
Reihe der Wesen, dann findet man, dass sie eine lückenlose
Kette von der groben Materie bis zum intelligentesten Menschen
bilden. Doch welche unermessliche Lücke zwischen den
Menschen und Gott, dem Alpha und Omega aller Dinge! Ist es
logisch anzunehmen, dass die Ringe dieser Kette beim Menschen
aufhören? Dass er ohne Übergang die Entfernung
überwindet, die ihn von der Unendlichkeit trennt? Die Vernunft
sagt uns, dass es zwischen dem Menschen und Gott andere
Stufen geben muss, wie sie den Astronomen gesagt hat, dass
es zwischen den bekannten Welten noch unbekannte Welten
geben muss. Welche Philosophie hat diese Lücke ausgefüllt?
Der Spiritismus zeigt uns, dass sie mit Wesen aller Rangklassen
der unsichtbaren Welt ausgefüllt ist, und diese Wesen
sind nichts anderes als die Geister der Menschen, die auf den
verschiedenen Stufen zur Vollkommenheit angekommen sind:
also ist alles miteinander verbunden und alles greift ineinander
vom Alpha bis zum Omega. Ihr, die ihr die Existenz der Geistwesen
leugnet, füllt doch die Lücke aus, die sie besetzen! Und
ihr, die ihr darüber lacht, erdreistet euch nur, über Gottes Werke
und seine Allmacht zu lachen!
Allan Kardec

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